Wir kannten uns schon lange. Ich habe mit ihm zusammengearbeitet. Und im Laufe der Zeit haben sich so Codes angesammelt. Wenn ich ihm was zeigte und er sagte: “Das ist ja mal so richtig Scheisse!”, dann wusste ich: Er findet es perfekt. Wir haben uns darüber immer kaputtgelacht und uns gegenseitig “Arschloch” genannt. So konnte man wunderbar arbeiten. Das meine ich völlig ironiefrei.
Die Wege trennten sich, er wurde Chef einer anderen Firma, ich wurde mein eigener. Viele Jahre später, ich hatte die Adresse seiner neuen Wirkstätte, beschloss ich ihn spontan zu besuchen. Denn so richtig aus den Augen verloren hatten wir uns über die Jahre eigentlich nie. Ich kam in sein Büro, viele seiner Mitarbeiter kannte ich schon. Es war eine aussergewöhnlich gute Stimmung als ich kam und ich wusste: Das lag nicht an mir.
Wir wurden aus seinem Büro gebeten und es gab Champagner für alle. Es wurde gefeiert, weil man besonders gute Verkäufe erzielt hatte. Oh, welch ein Fest. Alle standen zusammen und prosteten sich zu. Dann sollte jeder etwas über meinen Kumpel sagen, ihn dafür loben das er wieder alles richtig gemacht hatte, einen Trinkspruch auf den Chef. Ich war als letzter an der Reihe. Es war eigentlich schon alles gesagt und ich wusste ja auch nicht worum es so richtig ging. Also besann ich mich auf unsere alten Codes und sagte breit grinsend:
“Da hast du ja mal wieder allen gezeigt, das du das geilste Arschloch bist.”
Stellt euch vor 27 laut kreischende Tokio Hotel Fans würden mit jeweil 2 Presslufthammern im inneren eines Düsenjets eine Herde lärmend quiekender Schweine zerlegen. Wenn ihr euch das als Geräusch vorstellt, dann wisst ihr in etwa wie laut man eine Stecknadel zu Boden fallend hätte hören können. Es war keine Totenstille, es war schon Tot-wieder auferstanden-nochmal gestorben-Stille. Und zwar sofort nach meinem Satz. Ich blickte in die Runde. Es lachte niemand mehr, auch nicht mein Kumpel. Alle blickten mch verstört an. Eine Mitarbeiterin ergriff die Initiative und sagte: “Na, so ein Arschloch wären wir aber alle gern.”, mit einem latenten Vorwurf in der Stimme und einem tötenden Blick in meine Richtung. Dann lachte sie noch falsch und alle stimmten mit ein, mich links liegen lassend. Das war nir auch ganz recht, denn so konnte ich mich heimlich, still und leise aus dem Staub machen. Kommunikative Codes sind aber auch wirklich eine allzu vertrackte Sache, ich verzichte das grösstentels ganz drauf. Seitdem.